Review – Fantasy Live
1000 Worte sagen mehr als ein Bild….
Das neuste 3DS Spiel von Level 5 ist ab sofort nun auch in Deutschland erwerbbar. Wem Level 5 nichts sagt, dem sollte Inazuma Eleven oder Dragon Quest, und wenn nicht einmal das, dann doch auf jeden Fall Professor Layton etwas sagen. Ghibli Fans und Besitzer von anderen Konsolen sagt Ni No Kuni bestimmt irgendwas.
Wem das jedoch auch nichts sagt… Naja. Der hat ein paar sehr schöne moderne Klassiker verpasst, sollte sich schämen, darf aber trotzdem zum neusten Spiel des Produzenten greifen.
Aber… Moment. Neustes?
Denn eigentlich erschien Fantasy Life schon Ende 2012… Zu dem Zeitpunkt nur in Japan, was schon etwas verwunderlich ist – denn dieses Spiel hat es auf jedenfall in jede gute 3DS-Game Sammlung verdient. Und erst nach knapp zwei Jahren Verspätung in Deutschland zu erscheinen ist nun wirklich nicht entschuldbar. (Wenigstens meiner Meinung nach. Und wir alle wissen, dass diese Meinung die Wichtigste ist.)
Und das aus einem ganz einfachem Grund: Dieses Spiel ist gut. Und warum es gut ist, erkläre ich nun.
Was ist Fantasy Life denn zuerst einmal?
Häufig wird FL mit anderen Spielen, anderen Serien verglichen. Animal Crossing, Professor Layton, Fire Emblem, Dragon Quest fallen da schon recht häufig als Namen. Aber eigentlich, ist FL so viel von allem, dass es wiederrum keins ist.
Die ersten paar Minuten (oder die erste Stunde, wie Cassy es getan hat) verbringt man damit, sich sein Figürchen zusammen zu basteln. Während es bei Animal Crossing fast schon nach dem Zufallsprinzip zu geht, ist es bei Fantasy Life wirklich möglich alles nach seinen Wünschen zusammen zu schustern. Geschlecht, Körper, Kopfform, Frisur, Gesicht, Stimme…
Allein in der Frisurenauswahl gibt’s 48 verschiedene zur Auswahl. In nochmal 40 Farben. (Im Vergleich: Animal Crossing hat da nur 16 verschiedene Frisuren pro Charakter.)
Was aber viel interessanter als die Anzahl der Haarmöglichkeiten ist, sind die entsprechenden Namen. Wischmopp, Igel, Tautropfen oder Softeis sind zum Beispiel Namen, die genauso aussehen, wie man es erwartet. Wie stylish nun so eine Softeis-Frisur ist, ist nun wieder eine andere Frage, jedoch spricht dies für einen sehr, sehr interessanten Humor.
Ein Humor, der sich durch das gesamte Spiel durchzieht. Nachdem man seinen Charakter erstellt hat ist man auch schon bald in der Lage die nähere Stadt zu erkunden und Charaktere kennen zu lernen wie zum Beispiel Roman, den Bücherwurm, oder Briefkarsten, den… Briefkasten.
Doch das zunächst Wichtigste ist die zu erhaltende Lebenslizenz von der Lebensgilde. Was ein Leben ist? Dein Beruf. Und das ist keine tiefsinnige Kritik an unserem Wirtschaftssystem, sondern ein tragendes Element in der Storyline, die sich uns schon bald eröffnet nach dem wir zwischen
Paladin
Söldner
Jäger
Magier
Schürfer
Holzfäller
Angler
Koch
Schmied
Schreiner
Schneider
und Alchemist wählen durften. Aber, keine Sorge: Es ist zu jedem Zeitpunkt möglich das Leben zu ändern. Und einmal erlernte Fähigkeiten werden auch nicht ‚vergessen‘ wenn man in ein anderes Leben wechselt. So zum Beispiel kann man auch als Söldner angeln, vorrausgezetzt man war zu irgendeinem Zeitpunkt schon mal Angler. Während man das entsprechende Leben ausgerüstet hat, verbessern sich immer zwei verschiedene Statuswerte die für dieses Leben sehr wichtig sind.
Generell kann man aber sagen, dass es nur drei ‚richtige‘ Leben gibt: Die Leben der Herstellenden, die der Kämpfenden und die der Rohstoffsammler. Den die aktuelle Ausübung der Berufe sieht immer sehr ähnlich aus: Schmied, Schreiner, Schneider, Alchemist und Koch müssen im gleichem Minispielchen immer im richtigen Moment den A-Knopf drücken um ihr Handwerk auszuführen; Paladin, Söldner, Jäger und Magier müssen bestimmte Monster mit bestimmten Waffen bekämpfen um ihre Sterne zu bekommen, und Schürfer, Holzfäller und Angler schürfen, fällen Holz oder angeln in dem sie sich irgendwo vorstellen und in gewissen Abständen wieder den A-Knopf drücken. Je nachdem wie gut man dabei ist, vervielfältigen sich die Drops, oder sind von besserer Qualität.
Man kann sich also schon vorstellen, dass das zwar sehr süß ist, und strategisch auch Vorteile schaffen kann, aber auf die Dauer etwas… langweilig wird. Ob ich nun einen Fisch brate oder einen Stuhl baue ist im Endeffekt das Gleiche, einfach weil sich bis auf den Hintergrund nichts ändert.
Zudem kann man sich durch die vielen Berufe und Fähigkeiten und Möglichkeiten auch so gut wie alle Gegenstände im Spiel selbst herstellen. Die ganzen Geschäfte können einem nicht besonders viel bieten was man nicht auch selbst erkämpfen oder bauen könnte, so sitzt man also schon ziemlich bald auf ziemlich einfach verdientem Geld.
Gulden nennt sich hier die Währung. Man erhält sie durch das Lösen von Aufträgen, durch das Verkaufen von Items oder einfach mal so, zwischendurch, in der Story. Wirklich gebrauchen tut man sie in diesen Mengen aber nicht; höchstens, wenn man dann doch zu faul ist um durch die wirklich riesige Map zu laufen und Monster XY zu besiegen, weil man dann doch ein bestimmtes Item zu wenig hat.
Es gibt jedoch auch andere Einheiten die man sammeln kann. Oder besser gesagt: Diese muss man sich wirklich erarbeiten.
Das wäre einerseits die gerade erwähnten Sterne, die man erhält in dem man Herausforderung zum Beruf meistert (zum Beispiel ‚Stelle drei Holzstühle guter Qualität her‘) und die den entsprechenden Lebensrang erhöhen, was einem erlaubt mehr und andere Items herzustellen.
Andererseits ist da auch noch Wonne, dargestellt durch kleine Herzchen, die man einerseits durch das Erreichen von höheren Lebensrängen, aber auch durch die Story oder sogar ‚Achievement‘-mäßig erhält. (Zum Beispiel ‚1 Stunde in Reveria verbracht!‘) Genug gesammelte Wonne erlaubt es einem Vorteile für das Spiel zu erkaufen, wie zum Beispiel ein größerer Rucksack, ein Haustier halten zu dürfen, oder mehr verkaufte Gegenstände in den Läden.
Als letzes Collectable sind da natürlich noch die Erfahrungspunkte. Monster besiegt? Erfahrungspunkte. Waffenfähigkeit verbessert? Erfahrungspunkte. Mal wieder was neues gekocht? Erfahrungspunkte. Und Pokémon-Fans wissen: Erfahrungspunkte bringen uns höhere Level. Und höhere Level machen uns unbesiegbar.
…mit dem Unterschied, dass wir es hier nicht sind. Fantasy Life überzeugt mit einer riesigen Open World, die man natürlich auch selbst so durchrreisen kann, wie man das möchte. Jedoch muss man hin und wieder auch die Story weiterspielen, um die nächste Stadt, die nächste Grasebene oder die nächste Höhle erkunden zu dürfen. Wer aber meint, dass er, wenn er außerhalb der Story den Ort noch einmal besucht, automatisch auf einem Level ist um es mit den Monstern aufnehmen zu können… der irrt sich. Gewaltig. Den das Spiel erwartet ziemlich viel Selbstständigkeit von einem. Man ist jeder Zeit in der Lage mit der Story weiter zu machen. Bis dahin sollte man aber ein bisschen gelevelt haben. Und nach dem Story-Abschnitt, sind die Gegner noch einmal stärker in diesem Ort. Also noch mehr leveln.
Einige werden diese Freiheit sicherlich genießen. Viele könnten aber auch gerade an ihr kaputt gehen, gerade wer sich nicht so gerne in ewig langen Sidquests verirrt.
Was, wenn man sich die Story anguckt, auch irgendwie verständlich ist. Ohne zu viel zu erzählen: Erwartet nicht zu viel, und ihr werdet… vielleicht nur ein bisschen enttäuscht. Vorraussehbar und klischeehaft ist sie allein schon vom Plot. Kindlich gerecht natürlich auch, wie wir es kennen, wobei das eher weniger störend ist, und schön mit den märchenhaften Grafiken kooperiert. Was wirklich, wirklich nervig ist? Das persönliche Handeln in der Story ist auf das mindeste runtergeschnitten, und besteht eigentlich nur daraus, von Punkt A zu Punkt B zu laufen. Um sich, nachdem man schon bei Punkt A seeeeehr viel Dialog lesen musste, bei Punkt B nochmal so viel anhören darf. Und dann nach Punkt C geschickt wird, wo man noch einmal so viel zu lesen hat. Selbst ich als jemand der wirklich gerne auch mal liest was NPCs zu sagen haben, hab schon bald weggeklickt. A-Button smashen der ersten Klasse.
Auch sind die Dialog Texte weder mit schönen Profilbildern verziert wie man es aus Harvest Moon kennen könnte, noch wird der Text vertont. Nicht mal Animal Crossing-mäßig mit nonsense Lauten. Eine Tomodachi Life Vertonung erwartete niemand. Aber… immer nur dieses schrecklich eintönige ‚Getippe‘?
Ansonsten, ist der Soundtrack wirklich wundervoll. Etwas klischeehaft ja, aber wirklich, wirklich schön. Das kann man auch zum Design-Stil sagen. Kindlich, rund, knuffig, schön. Die Charaktere sind liebevoll gestaltet, und man sieht nur selten widerholte NPC-Outfits. Zwar grenzt das Charakter-Design von einer Figur so nah an rassistisch dass ich die Zähne zusammen beißen musste…
Und nun nochmal im Schnellüberblick, verschiedene Kategorien mit einer entsprechenden Benotung:
Grafik/Optik: 9/10
Super auf sich abgestimmt, passt schön in die Story-Line und erschaffene Welt. Leider sind die Qualitäten der Videoschnipsel nicht halb so gut wie man es aus Professor Layton kennt. Da diese jedoch nur selten vorkommen, gibt es nur einen Punkt abzug.
Musik/Klang: 8/10
Die Hintergrundmelodie ist alles andere als nervig, deckt sich schön ein und änder sich häufig genug. Auch kann man dem eigenem Charakter eine Stimme auswählen, welche aber nur als Kampf und Stöhnlaute während der Monsterkämpfe zu hören ist. Während der Textfenster, jedoch, die sich teilweise wirklich minuten lang ziehen können, fehlt jedoch einfach irgendwas.
Story: 4/10
Alt. Vorraussehbar. Schon dagewesen. Nichts bahnbrechend neues. Was aber da ist, wird ganz nett umgesetzt… Auch wenn das ‚Ganze drum herum‘ irgendwie nicht wirklich… passt. So zum Beispiel ist das Zeichen des Spiels im 3DS Menüs ein Zeppelin. Bevor man aber überhaupt versteht was es mit ihm aufsich hat, ist das Spiel schon fast vorbei…
Spielmotivation: 10/10
Die vielen verschiedenen Quests und Sammelmöglichkeiten, all die Gegenstände und Orte die es zu erkunden gibt, all die Items und, und, und… All das zusammen gibt einem noch wirklich genug Motivation weiter zu spielen, nachdem schon die Entwickler Namen über den Screen gerollt sind.
(Da ich das Multiplayer-System noch nicht ausprobieren konnte, würde ich jetzt einfach nochmal gezielt raten, dass es mit einem Freund im Schleptau nur noch besser werden kann ;))
Allgemeiner Spielspaß: 9,9 Periode/10
Ja. Wegen der grottigen Storyline wird hier das Fitzelchen eines Punktes abgezogen. Trotzdem sollte man nicht vergessen, dass das wirklich ein Mangel ist, und wenigstens ich mich manchmal dazu ringen musste, weiter auf A rumzubashen, um endlich wieder frei spielen zu können.
Zusammen sind das also… 8,1 Periode 9. Und diese hat das Spiel auch wirklich mehr als verdient. Wenn ich dieses Spiel aber nun mit einem anderem vergleichem müsste… Es wäre nicht Animal Crossing, Professor Layton oder die meisten sonstigen die man schon so häufig gehört hat.
Denn ja, man kann seine Figur anpassen und man kann auch sein Zimmer anpassen. Jedoch gibt es nur gefühlt fünf Möbelserien zur Auswahl. Und, es ist auch nicht das Ziel des Spiels. Wem Animal Crossing nicht gefallen hat, kann Fantasy Life durchaus gefallen: Weil die persönliche Einrichtung dann doch nicht so wichtig ist. Nicht für die Story, zumindest.
Auch ist es kein Professor Layton. Der Zeichenstil ist zwar fast identisch, aber es gibt keine Rätsel zu lösen oder Puzzles zu knacken. Auch gibt es viel zu wenig Strategie um wirklich Fire Emblem zu sein. Abgesehen davon dass die Kämpfe nicht runden basierend sind.
Fantasy Life enthält zwar viele Elemente aus anderen Spielen, ist aber keinesfalls so etwas wie ‚Animal Crossing mit nem Level-System!!!!!‘ oder ‚Fire Emblem ohne finanzielle Sorgen!!!111einseinself‘. Es ist ein eigenständiges Spiel was zwar keine Innovation ist, aber die besten Elemente vieler anderer Spieleserien vereint, und somit auch eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit hat, vielen, vielen Spielern zu gefallen.